Die Rattanpalme ist zwar im Bogenbau kein unbeschriebenes Blatt, allerdings lässt sich mit den üblichen Bogendesigns für in Mitteleuropa heimische Harthölzer kaum Schussleistung erzielen und das Material bleibt hinter seinem Potential weit zurück.
Der Grund dafür ist, dass Rattan trotz seiner extrem hohen Biegsamkeit in Relation zum Gewicht ein nur recht geringes Rückstellvermögen hat und zudem ziemlich viel Set annimmt (variiert natürlich wie bei allen „richtigen“ Hölzern auch mit der Qualität des jeweiligen Exemplars!). Kurz gesagt: Es ist also zu schwer (hohe Dichte) bezogen auf die eher geringe Federkraft. Und das obwohl Rattan sowieso schon eine ausgesprochen geringe Dichte aufweist. Das wird einem direkt klar wenn man versucht, eine 2cm dicke Rattanstange von, sagen wir mal, 40cm Länge von Hand zu verbiegen, was ziemlich einfach gelingt, während sich ein gleiches Stück Esche keinen Millimeter verbiegen lässt (zumindest wenn man nicht mit Herkules verwandt ist).
Um die Biegsamkeit des Rattans, die ihn maßgeblich von heimischen Hölzern abgrenzt, wirklich auszunutzen, muss also ein Bogendesign mit einer viel stärkeren Zugbelastung gewählt werden, sprich ein extrem kurzer Bogen, am besten mit Recurves. Obwohl das Material schlussendlich stark nachgeben und den Reflex der Recurves ausgleichen wird, hat man hiermit sicherlich schon einen Leistungsvorsprung gegenüber einem geraden Langbogen. Um noch das Set zu minimieren, bietet sich die mittlerweile immer bekanntere Methode des Temperns an: Der Bogenbauch wird mit der Heißluftpistole (Geht bestimmt auch mit Gasbrenner o. ä., aber Vorsicht!) möglichst langsam braun gebrannt und das Material somit versteift. Damit wird es viel kompressionsstärker und die Wurfarme federn stärker zurück. Ein positiver Nebeneffekt ist zudem dass weniger Material und damit Gewicht für das gleiche Zuggewicht benötigt wird, was Effizienz und Leisung zusätzlich zum geringeren Stringfollow steigert.
Die Fertigung des Bogen entpricht abgesehen davon weitgehend dem üblichen Vorgehen:
- Proportionen festlegen,
- Maße anzeichenen,
- grob ausarbeiten (Zugmesser, Bandsäge, Raspel, Hobel,…)
- Bodentillern
- Recurves dämpfen (funktioniert bei Rattan ausgesprochen hervorragend!)
- Griff ausarbeiten
- Tillern (geht schneller und einfacher bei Rattan, da das Material sehr homogen ist, keine Jahresringe; trotzdem sollten besonders Anfänger langsam vorgehen, da man wegen der geringen Härte schnell zu viel Material abträgt)
Was man an Zeit beim Tillern spart, büßt man unter Umständen beim und nach dem Tempern wieder ein, denn es kann passieren…
-Fortsetzung folgt-
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